2. Adventsonntag
Lesejahr B
Anfang des Evangeliums von Jesus Christus, dem Sohn Gottes:
Es begann, wie es bei dem Propheten Jesaja steht: Ich sende meinen Boten vor dir her; er soll den Weg für dich bahnen. Eine Stimme ruft in der Wüste: Bereitet dem Herrn den Weg! Ebnet ihm die Straßen! So trat Johannes der Täufer in der Wüste auf und verkündigte Umkehr und Taufe zur Vergebung der Sünden. Ganz Judäa und alle Einwohner Jerusalems zogen zu ihm hinaus; sie bekannten ihre Sünden und ließen sich im Jordan von ihm taufen.
Johannes trug ein Gewand aus Kamelhaaren und einen ledernen Gürtel um seine Hüften, und er lebte von Heuschrecken und wildem Honig. Er verkündete: Nach mir kommt einer, der ist stärker als ich; ich bin es nicht wert, mich zu bücken, um ihm die Schuhe aufzuschnüren.
Ich habe euch nur mit Wasser getauft, er aber wird euch mit dem Heiligen Geist taufen.
Eine Stimme ruft in der Wüste – sagt uns das heutige Evangelium. Nur, wenn wir das so hören, drängt sich auf einmal die Frage auf, wer in aller Welt so einen Ruf denn hören kann? In einer Wüste gibt es ja nur Sand und unendlich viel Geröll, aber weit und breit wird kein Menschen in der Nähe sein, der auch nur irgendetwas hören könnte. Einen aussichtsloseren Platz, um eine Botschaft zu verkünden, kann ich mir nicht vorstellen. Wer also sollte so einen Ruf in der Wüste schon hören, und diesem dann auch noch folgen? Will uns dieses Markus-Evangelium allen Ernstes glauben machen, dass auf den Ruf des Johannes hin ganz Judäa und alle Einwohner Jerusalems zu ihm hinausgezogen sind um ihre Sünden zu bekennen? So etwas widerspricht nicht nur aller Logik, sondern es spottet darüber hinaus aller Vernunft. Sicher war das auch dem Evangelisten Markus klar gewesen. Nur, warum aber schildert er uns dann die Predigt des Johannes auf solch widersprüchliche und unwirkliche Art und Weise? Warum verwendet er eine so bildhafte Darstellung und erzählt nicht einfach nur das, was sich damals so zugetragen hat? Nun vielleicht deshalb, weil er uns vermutlich auf keine andere Weise so klar machen konnte, was er wirklich damit zum Ausdruck bringen wollte: Da verkündet einer eine Botschaft, und legt sich keine Strategie zurecht, er entwickelt auch kein ausgefeiltes Marketingkonzept, ja er geht zu allem Überfluss auch noch dorthin, wo mit der größten Wahrscheinlichkeit auch nur die allerwenigsten hören werden, was er zu sagen hat. Und trotzdem erfahren alle davon - und das Beste, sie reagieren auch noch darauf. Nach menschlichem Ermessen war mit dieser Verkündigung des Johannes kein Preis zu gewinnen. Aber wenn Gott es will, wird sogar ein stummer Schrei in der Wüste zu einer Fackel, die heller leuchtet, als die schönsten Großstadtlichter. Genau das ist die Botschaft des heutigen Evangeliums für uns. Es ist die gute Botschaft für all diejenigen, die sich - wie Johannes damals - als einsame Rufer in der Wüste vorkommen: also für alle, die heute in unseren Beton- und Asphaltwüsten - bereitet dem Herrn den Weg - rufen, und die das Gefühl haben, dass sich nichts aber auch gar nichts bewegt. Es ist die Botschaft, für alle, die sich in unserem Land und in unserer Gesellschaft darum mühen, Inhalte und Werte, Menschlichkeit und Barmherzigkeit hochzuhalten und sich dabei fühlen, wie jemand dessen Stimme ungehört in der Ferne verhallt. Es ist die Botschaft für Eltern und Lehrer, die in unseren Wüsten ihre Botschaft manchmal brüllen müssen, und das Gefühl nicht loswerden, dass kein Mensch davon Notiz nimmt, oder irgendetwas davon hört. So macht uns das heutige Evangelium deutlich, dass Gott manchmal gerade auf diese einsamen Stimmen in der Wüste setzt. Auch wenn unser Verstand schon lange ganz deutlich NEIN sagt und unser Einsatz scheinbar sinnlos und ohne jede Aussicht auf auch nur den kleinsten Erfolg erscheint. Diese heutige Botschaft des Evangeliums lässt durchblicken, dass auf solchem Fundament, Gott durchaus zu bauen versteht. Vielleicht sucht sich Gott ja manchmal gerade die Menschen heraus, die sich nicht zuerst ihre Chancen ausrechnen oder lange an Konzepten herum feilen. Vielleicht sucht er ja gerade die, die einfach rufen, und das auch dann noch, wenn es unter Umständen schon total aussichtslos erscheint. Gott braucht gar nicht mehr. Er braucht ganz einfach nur Menschen, die eben rufen. Dass Gottes Botschaft dann auch gehört wird, darüber brauchen wir uns den Kopf nicht mehr zu zerbrechen. Dass jemand hört, darum wird er sich – und das sagt uns das heutige Evangelium - am Ende selber kümmern.